Montag, 4. März 2013

Filmkritik: Spartacus (1960)

Stanley Kubrick war ein Autorenfilmer. Auch wenn er sich in den meisten seiner Filme, wie Uhrwerk Orange (1971) oder Shining (1980), an einer literarischen Vorlage orientierte, hatte der Regisseur in Bezug auf das Drehbuch immer das letzte Wort. Wirklich immer? Nein, denn im Jahr 1960, drei Jahre nach Kubricks erstem größeren Erfolg Wege zum Ruhm, bekam der damals erst 30-Jährige kurzfristig die Regie an dem Monumentalfilm Spartacus angeboten, dessen Drehbuch längst fertiggestellt war. Das Resultat ist ein gelungener Sandalenfilm, der aber nicht wirklich zum Gesamtwerk des extravaganten Filmemachers passen will.

Die römische Provinz Libyen. Der Sklave Spartacus (Kirk Douglas) ist bei seinen Besitzern für sein rebellisches Gemüt bekannt. Als eines Tages der Besitzer einer Gladiatorenschule, Lentulus Batiatus (Peter Ustinov), unter den im Berbau arbeitenden Sklaven nach neuen Talenten Ausschau hält, ist Spartacus gerade zur Strafe für den Angriff auf einen Römer an einen Felsen gekettet. Batiatus ist von dem Stolz des Sklaven beeindruckt, und entscheidet, Spartacus bei sich zum Gladiator auszubilden.
Während des Trainings in Capua verliebt sich Spartacus in die schöne Sklavin Varinia (Jean Simmons). Als er eines Tages erfährt, dass sie an den römischen  Feldherren Marcus Licinius Crassus (Laurence Olivier) verkauft worden ist, zettelt Spartacus einen Aufstand der Gladiatoren an. Sie können sich aus Capua befreien und beginnen, Sklaven in ganz Italien in die Freiheit zu entlassen. Rom muss handeln, doch auch im Senat gibt es Konflikte. Während der Patrizier Crassus nach diktatorischer Macht strebt, versucht der Volkstribun Sempronius Gracchus (Charles Laughton) alles, um dies zu verhindern...

Bei Beginn der Dreharbeiten Anfang 1959 war es noch Anthony Mann (Quo Vadis (1951)), der auf dem Regiestuhl saß. Doch nach einem Konflikt mit Hauptdarsteller und Executive Producer Kirk Douglas wurde Mann gefeuert. Douglas engagierte daraufhin Kubrick, mit dem er bereits in Wege zum Ruhm erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Dieser war von dem moralisierenden Drehbuch, das Dalton Trumbo verfasst hatte, nicht unbedingt angetan, doch er nahm das Angebot dennoch an. Der Perfektionismus Kubricks trieb die Produktionskosten deutlich in die Höhe, die am Ende 12 Millionen Dollar betrugen. Kameramann Russel Metty beschwerte sich später, dass er nur wenig zu tun gehabt habe, weil Kubrick meist selbst hinter der Kamera stand, den Oscar für die beste Cinematographie bekam aber letztendlich aber natürlich trotzdem Metty, der ihn nicht ablehnte.

Peter Ustinov (Batiatus)
Weiteres Oscars erhielt der Film für das beste Szenenbild, die besten Kostüme und den besten Nebendarsteller (Peter Ustinov) und hat diese zweifellos verdient. Spartacus ist ein richtiger Historien-Epos und die prächtigen Technirama-Bilder, die beeindruckenden Bauten und die schönen Kostüme sind insgesamt eine regelrechte Augenweide. Lediglich einigen kleineren im Wald angesiedelten Szenen ist es leider etwas zu deutlich anzusehen, dass sie tatsächlich in einem Studio entstanden sind. Auch die Arbeit der Schauspieler ist insgesamt als gelungen zu bezeichnen. Besonders Peter Ustinov spielt den arroganten, aber eigentlich feigen Batiatus sehr natürlich, humorvoll und mit einem Gefühl für kleine Gesten, sodass er zwischen allen Darstellern deutlich heraussticht. Besonders tritt dies in den Szenen mit Charles Laughton zutage, der hier auch wieder eine grandiose Leistung abgibt. Die Chemie zwischen den beiden Darstellern stimmt so wunderbar, dass ich sie am liebsten noch öfter zu Gesicht bekommen hätte. Die anderen Schauspieler machen ihre Arbeit aber auch sehr gut, wenngleich bei ihnen öfter noch eine gewisse Theatralik vorherrscht, was in Filmen aus dieser Zeit aber auch nichts weiter Ungewöhnliches ist. Einzig der Darsteller des Gladiatorentrainers Marcellus fällt etwas negativ auf, da Charles McGraw es im Originalton etwas damit übertreibt, seiner Stimme eine besondere Männlichkeit zu verleihen, weshalb diese Szenen nur knapp an unfreiwilliger Komik vorbeischrammen.

Inhaltlich hat Spartacus eher wenige Überraschungen zu bieten, es wird auch hier wieder einmal deutlich, dass es in Historienfilmen stärker auf die epischen Bilder ankommt, als auf eine besondere Geschichte. Langeweile kommt in der dreistündigen Laufzeit allerdings höchstens etwas im Mittelteil auf, in dem vor allem Dialoge dominieren während die eigentliche Handlung etwas auf der Stelle tritt. Umso beeindruckender ist dann die finale Schlacht, die mit tausenden von Komparsen gedreht wurde und damit eine Wirkung hat, die mit den computergenerierten Heeren moderner Filme kaum zu vergleichen ist. Wenn in einer langen Szene die römischen Soldaten langsam im Gleichschritt auf die Kamera zumarschieren ist das wirklich Gänsehaut pur. Positiv hervorzuheben ist auch noch, dass, im Gegensatz zu dem im vorherigen Jahr veröffentlichten Ben Hur, hier gänzlich auf religiösen Kitsch verzichtet wurde, weshalb ich Spartacus ingesamt sogar als den etwas besseren Film dieser beiden Historien-Klassiker bezeichnen würde.

Wer bei Spartacus einen typischen Kubrick-Film erwartet, der dürfte enttäuscht sein. Zwar ist den beeindruckenden Bildern der Perfektionismus des Regisseurs deutlich anzumerken, aber insgesamt ist der Film doch relativ gewöhnlich für so einen außergewöhnlichen Filmemacher. Fans von Monumentalfilmen, Peter Ustinov oder natürlich Kirk Douglas sollten Spartacus aber auf jeden Fall gesehen haben.

Urheber des Fotos von Peter Ustinov ist Allan Warren. Es seht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0).